Wewelsburg, d.16.III.45
28.III.45.
Mein liebster Franz!
Du glaubst nicht wie sehr ich mich
gefreut habe, als ich heute mittag Deinen
lieben Brief erhielt. Ich bin froh, daß ich dir nun
wieder schreiben kann. Wenn Dir nur in Hamm
nichts passiert. Wie ich von Frl. Doktor hörte sind
in Dinker keine Bunker. Ich bitte jeden Tag den
Herrgott, damit er Dich beschützt. Das ist ja auch
das Einzige was ich im Moment für Dich tun
kann. Wären wir doch erst durch diese grau-
same Zeit hindurch. Man hört nirgendwo
etwas Gutes. Hoffentlich kommst Du nach
diesem Kursus in ein Lazarett, was von hier
gut zu erreichen ist. In Driburg sind sehr viele
Lazarette. Zwar sind dort keine Bunker, aber
es ist ja auch keine Industrie und kein Mi-
litär da. Allerdings geht das über Altenbeken,
doch kann man ja gut mit dem Fahrrad
nach Driburg kommen. Von dort aus könntest
Du mich dann sicher oft besuchen oder ich käme
bestimm.. ... . Am günstigsten für uns
bleibt ja immerhin Salzkotten. Aber ich freue
mich garnicht darauf, denn meist kommt
doch alles anders, es ist eben Krieg.
Liebster, besteht garkeine Aussicht auf Urlaub?
Wenn Du keinen Urlaub bekommen kannst,
dann mache ich Dir einen Vorschlag. Du
bekommst doch Urlaub zum heiraten!? Wir
lassen uns dann eben standesamtlich trauen
und verloben uns kirchlich. Du, Liebster, was
hälst Du davon? Der Gedanke schwirrt mir nun
schon fast eine Woche im Kopf herum. Vielleicht
könntest Du dann Ostern hier sein. Schade, dass
die Zeiten so sind, dass wir noch nicht heiraten
und immer zusammen sein können. In diesem
Falle muß die Vernunft die Siegerin bleiben.
Für Ringe habe ich schon gesorgt. Bist Du
nicht erstaunt über meinen Eifer? Manchmal
bin ich noch selbst erstaunt. Vor 2 Wochen
hätte ich alles das nicht für möglich gehalten.
Das Sprichwort hat sich mal wieder bewahrheitet:
„Frechheit siegt.” Gut, daß Du so frech warst
und einfach hier herein geschneit kamst.
Leibster, ich bin so froh und glücklich über
Deinen Brief. Ich vertraue jetzt wieder ganz fest
auf Dich und glaube an Deine Treue. Meine Liebe
zu Dir war doch nicht tot, wie ich es vor einiger
Zeit so sehnlichst wünschte. Ich habe Dir schon
jetzt alles vergeben und vergessen was in der letz-
ten Zeit war. Dieses letzte Jahr ist uns, bestimmt
mir, in mancher Hinsicht eine gute Lehre gewesen.
Ich glaube, wir sind beide daran gewachsen. Gut,
daß wir hindurch sind. Jetzt soll uns nichts
mehr trennen, wir werden uns nicht noch ein-
mal das Leben gegenseitig schwer machen.
Franz, Du machst mich ganz stolz durch Deinen
Brief. Ich bin nicht so bescheiden wie Du meinst.
Wie geht es Dir denn so in Dinker? Die meiste
Zeit wird wohl Alarm sein. Hoffentlich brauchst
Du des Nachts nicht zu frieren und erkältest Dich
dann vielleicht noch. Ich mache mir so etwas
Vorwürfe, daß ich Dir keine Decke mit gegeben habe.
Du sprachest an dem Donnerstag abend davon.
Ich habe am Freitag nicht mehr daran gedacht.
Du hör mal, wenn Du Ostern kommst (daß wir
uns dann verloben steht doch fest) müssen Deine
Eltern aber auch kommen. Wie wir dann schlafen,
das laß nur meine Sorge sein, wir werden schon
Rat schaffen. Du kommst dann in den Kuhstall.
Wie hast Du das Fahrrad wieder nach Ahden
bekommen? Am Montag sagte mir der Bolley
Bescheid. Hanna mußte aber trotzdem am Dienstag
mit Raymond nach Geseke.
Heute kriegten wir endlich wieder einen Brief von
Heinrich. Er liegt in Hagenow (Mecklenburg) im
Lazarett. Von seiner Verwundung schreibt er gar-
nichts. Es sind sicher noch Briefe unterwegs. Ich
habe ihm sofort geantwortet. Seit Oktober hat der
arme Junge keine Post mehr von uns. Das stelle
ich mir schrecklich vor. -- Nun ist der Bogen voll,
es ist auch Schlafenszeit. Sei vielmals gegrüßt und
geküßt von Deiner Dich liebenden kl. Braut.
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