(7) Wewelsburg, d. 1.Mai.1946
Metz, d. 24.5.
Mein lieber Franz!
Seit gestern bin ich wieder zu Hause. Wie lange habe ich auf den Tag gewartet,
daß ich von Overberge abziehen konnte. Diese furchtbare Sturheit von Fr. Prause
wurde mir allmählich unerträglich. Zu Hause wollen sie ja, daß ich hierbleibe.
Aber dazu verspüre ich noch garkeine Lust. Hanna ist auch wieder oben. Es geht
ihr gesundheitlich sehr schlecht. Mit Willi habe ich noch kein Wort gesprochen.
Vielleicht kommt eine kleine Wendung wenn Otto bald kommt. Nach Aussagen
von Kameraden könnten wir ihn in den nächsten 14 Tagen erwarten. Ausserdem
war Hanna in Lippstadt bei einer Hellseherin, die sehr tüchtig sein soll, ist zu-
gleich Homöopathin. Sie sagte auch von Otto, daß er bald kommen würde u. von Dir
daß es Dir nicht schlecht ginge, aber bis Juni - Juli müßte ich noch auf Dich
warten. Hanna hat dann noch nach den Vettern aus Haspe gefragt, die schon lange
im Osten vermißt sind. Sie sollen noch beide leben, der Eine wäre sehr schwach
wäre auf dem Transport nach hier. Sie könnte nicht sagen, ob er die augenblicklich
große Schwäche überstände. Sie hat tatsächlich in Wewelsburg einen Diebstahl auf-
gedeckt.
Ostern hatten Ottens Erstkommunion. (Alfons) Deine Tante aus Wünnenberg war
hier. Sie hat auch uns besucht. Sie wäre noch sehr rüstig. In den nächsten
Tagen gehe ich mal nach Ahden. Heute war auf Böddeken Eröffnung der
Maiandacht. Mallinkrodts sind wieder Besitzer ihres Gutes.
Hier in Wewelsburg ist oft Tanz. In letzter Zeit oft von den Polen veranstaltet.
Leider gibt es zu viele Mädchen die dort hingehen. Ich habe vorläufig noch garkein
Interesse am Tanzen.
Liebster, wärest Du erst wieder hier. Alles wäre leichter für mich. Ich habe so
garkeine Lust hier zu sein. Das wird sich hoffentlich wieder ändern. Bei fremden
Leuten möchte ich auch nicht sein. Ohne Willi wäre ja im allgemeinen alles
gut u. schön.
Liebster, es ist schon sehr sehr spät. Heute vormittag haben wir schon einen
weiten Spaziergang gemacht. Wie wunderbar schön ist es doch in der Natur.
Immer wenn es so schön ist, muß ich besonders an Dich denken.
Lothar geht schon zur Schule. Ulrich soll ein lieber, süßer Schelm sein. Ich fahre
in den nächsten Tagen einmal nach Holthausen.
Gute Nacht Liebster. Laß es Dir gut gehen u. laß Dich herzlichst
grüßen u. küssen von
Deiner Josi.
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