Kirchlinde, d. 18.6.47.

          Meine herzallerliebste Josi!
Du glaubst nicht, wie gücklich über Deine beiden
Briefe und Dein Päckchen bin. Ich konnte Dir leider nicht
früher schreiben. Wir hatten viel Arbeit und ich war immer so
müde. Heute abend ist es auch schon wieder spät. Deine gross
angelegten Pläne haben mich freudig überrascht. Mich freut,
dass Du eigene und gute Pläne hast. Ich möchte am liebsten
gleich darauf eingehen, wo ich hier noch nichts Positives erreicht
habe. Du kämest dort mit Deinen Beziehungen viel weiter.
Aber lass uns das erst reiflich überlegen. Ist der Herr Ahrens
am Wohnungsamt in Büren?
    Ich möchte Deine beiden Briefe immer wieder lesen. Je
mehr ich Deinen Brief vom 8.6. lese, desto mehr komme ich
zu der Überzeugung, dass es in der jetzigen Zeit das Beste
ist, was Du vorhast. Ich bin ganz Deiner Meinung, nur
dass wir soweit auseinander sind. Deine Mutter und Deine
Geschwister sorgen so für Dich und helfen Dir in jeder Lage.
Und ich bekomme von meinen Eltern keine Unterstützung,
dass ich bald zu einer guten Heirat komme. Ich sehe es ja
lieber, wenn Du hier wohnst. Dann können wir ja noch öfter
zusammen sein, wenn ich auch noch hier im Haus wohnen soll.
Ich will mich jetzt für 2 Jahre verpflichten. Der Herr Vikar hat
mir jetzt einen Vertrag gegeben. Der Vikar von Kirchlinde ist
der Verwalter des Hauses. Du kennst ihn sicher von Ostern oder Pfingsten.
Vielleicht ist es besser, wir haben erst eine Wohnung, dann können
wir immer noch mal tauschen und umziehen. Was meine
Eltern dazu sagen, weiss ich nicht. Ich will Sonntag in acht
Tagen mit ihnen darüber sprechen. Jetzt muss die ganze Sache
endlich mal vernünftig angefasst werden. Mich freut, dass Deine
Mutter so von Deinem Plan eingenommen ist. Deine Mutter
ist doch so ganz anders als meine Mutter. Etwas Betrübliches
muss ich Dir mitteilen. Meine Mutter hat mir, seitdem ich vor
Pfingsten in Berge war, nicht mehr geschrieben, bis gestern der erste
Brief wieder kam. Ich schrieb gleich nach Pfingsten meinen Eltern,
sie möchten mir die Urkunden schicken. Und jetzt schreib mir
meine Mutter, sie habe mit Schreiben gezögert, weil sie dachte, es
könnte eines Tages die Vermählungsanzeige kommen. Und dann
teilt sie mir mit, sie habe sich vor 14 Tagen zwei Rippen gebrochen.
Es ginge ihr jetzt wieder gut, Gott wollte sie noch nicht holen.
Ich weiss nicht, was ich dazu sagen soll. So etwas deprimiert
mich sehr. Wenn der Oberazt nicht im Urlaub wäre, wollte
ich schon gleich hinfahren. So fahre ich erst Sonntag in 8 Tagen.
Am 29.6. u.. am 13.7. habe ich freien Sonntag. Mit meinem Urlaub wäre
ich erst im September dran, oder frühestens Ende August.
Diese Mitteilung wird Dich sich nicht so erfreuen. Aber lass
uns überlegen, vielleicht kannst Du mal kommen an einem Sonntag,
wenn ich Dienst habe. Aber lass es mich vorher wissen. Lass mich
auch erst mit meinen Eltern sprechen am 29.6. Dann weiss ich auch
mehr. Lass uns fleissig zur Mutter Gottes beten, sie wird uns
den rechten Weg zeigen. Nun will ich schliessen.
Ganz herzlich grüsst Dich Dein
über alles liebender Franz.

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Blatt 1/2 von 1947.06.18 Brief Franz an Josi



Blatt 2/2 von 1947.06.18 Brief Franz an Josi